75. Jahrestag der Urteilsverkündung des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses

 

Am 30. September und 1. Oktober 2021 organisierten die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien und das Robert H.Jackson Center zwei Roundtable-Diskussionen mit hochkarätigen Teilnehmer_innen zur Erinnerung an den 75. Jahrestag der Urteilsverkündung des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses und den damit verbundenen Auswirkungen auf modernes Völkerstrafrecht.

Als Redner_innen nahmen die meisten der aktuell aktiven internationalen Chefankläger_innen der verschiedenen Ad-hoc-Tribunale und ständigen Internationalen Strafgerichtshofs an der Veranstaltung teil. Mehrere Redner_innen sprachen gemeinsame Themen an und bekräftigten die Überzeugung, dass das Nürnberger Urteil sowohl in seinen Grundlagen als auch in seiner täglichen Praxis ein wesentlicher Bestandteil des Völkerrechts bleibe. Sie bezeichneten die Politik als einen "roten Faden", der sich durch das internationale Strafrecht zieht.

Internationalen Tribunale mögen zwar "Geschöpfe des politischen Kompromisses" sein, aber es war der politische Konsens, der die Nürnberger Prozesse möglich gemacht habe und der auch für die heutigen Tribunale und Gerichte unerlässlich ist.

Ein Redner erklärte: "Nürnberg war ein hartnäckiger Versuch, an Werten festzuhalten, die größer sind als wir." Einer davon ist das Gleichgewicht, die Notwendigkeit, einen Konsens zu finden. In Nürnberg ging es um "Menschlichkeit vor Gericht", wie Richter Jackson argumentierte, und nicht um die Interessen einer einzelnen Nation.

Das Gleichgewicht zwischen nationalen Traditionen und konkurrierenden Überlegungen begann in Nürnberg und mit der parallelen UN-Kriegsverbrecherkommission in den 1940er Jahren – und steht bis heute im Zentrum der internationalen Justiz. Dieses Gleichgewicht umfasst zivilrechtliche versus gewohnheitsrechtliche Praktiken, Abwägungen zu verwendeten Beweisarten (Richter Jackson bevorzugte dokumentarische Beweise, aber video- und technologiebasierte Beweise werden immer häufiger) und die Abwägung von Zweckmäßigkeit gegenüber den Interessen der Opfer.

Die Redner_innen forderten Innovation und Kreativität bei der Bewältigung der Herausforderungen, mit denen internationale Ermittlungen und Strafverfolgungen konfrontiert sind, erinnerten die Zuschauer_innen jedoch auch daran, dass es keine Wunderwaffe gibt und wie damals in Nürnberg solche Prozesse nicht einfach sind und wahrscheinlich nie sein werden.

Am Ende ging es in der Diskussion darum, dass das "lebendige Erbe" Nürnbergs die Gemeinschaft ist, die sich bemüht, internationale Gerechtigkeit heute Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Konfernzbericht zu der Veranstaltung wird in Kürze verfügbar sein, auf dem YouTube Kanal der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien wird das Video der Veranstaltung abrufbar sein.
 ©Foto: National Archives and Records Administration, College Park, MD; Photo: U.S. Army Signal Corps