Podiumsdiskussion „Syrien - Straflosigkeit für Kriegsverbrechen? Wie die Nürnberger Prinzipien im Syrienkonflikt durchgesetzt werden können“

 

Am internationalen Tag der Gerechtigkeit (engl. World Day for International Justice), dem 17. Juli, veranstalteten die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien und die Forschungsstelle Völkerstrafrecht der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine gemeinsame Podiumsdiskussion. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis gingen der Frage nach, welche strafrechtlichen Antworten auf die schwierige Situation in Syrien gefunden werden können.

Die Diskussion ging sowohl auf die Situation in Syrien als auch auf die der syrischen Geflüchteten in Deutschland ein. Die Diskutierenden konstatierten eine Schwächung der internationalen Gemeinschaft und betonten die grundsätzliche Notwendigkeit, den Multilateralismus zu erneuern und die Zivilgesellschaft zu stärken. Derzeit komme den nationalen Verfahren auf der Basis des Weltrechtsprinzips eine zwar punktuelle, jedoch wichtige Funktion zu. Die konkrete Strafverfolgung beziehe sich notwendigerweise auf Einzelfälle, doch spiele die Beweissammlung im Rahmen von Strukturermittlungsverfahren eine unterstützende Rolle, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Bundesanwaltschaft mit dem Internationalen, Unparteiischen und Unabhängigen Mechanismus für Syrien (IIIM) und dem Internationalen Strafgerichtshof. Am Beispiel der sog. „Caesar-Fotos“ erläuterten die Teilnehmer das Zusammenspiel zwischen NGOs und nationalen Staatsanwaltschaften. Dabei handelt es sich um zehntausende Fotos von Leichen aus Haftanstalten der syrischen Regierung, die die systematischen und ausgedehnten Angriffe auf die Menschenrechte dokumentieren und auf deren Grundlage das European Center for Constitutional and Human Rights Strafanzeige beim Generalbundesanwalt gegen hochrangige Funktionäre der syrischen Geheimdienste und Militärpolizei wegen Völkerstraftaten gestellt hat. Ein weiterer Diskussionspunkt waren der Schutz syrischer Geflüchteter in Deutschland durch die Genfer Konventionen und der rechtliche Rahmen im Umgang mit mutmaßlichen Straftätern unter den Geflüchteten.

Die Diskutierenden stimmten überein, dass strafrechtliche Antworten auf Verbrechen im Sinne des Völkerstrafrechts auch notwendig seien, um die Glaubwürdigkeit Deutschlands und der internationalen Gemeinschaft zu stärken, und zudem eine hohe symbolische Funktion hätten. Die Ermittlungen von Tatsachen dienten nicht nur der Durchsetzung des Rechts, sondern auch der Wahrheitsfindung, welche die Voraussetzungen für einen späteren nachhaltigen Frieden darstellen.

Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer:
Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik, FAU
Prof. Dr. Anuscheh Farrahat, Professorin für Öffentliches Recht, Migration und Menschenrechte, FAU
Bundesanwältin Dr. Heike Neuhaus, Abteilungsleiterin, Bundesanwaltschaft Karlsruhe.
Andreas Schüller, Director International Crimes and Accountability Program, European Center for Constitutional and Human Rights


Moderatorin:
Dr. Viviane Dittrich, Stellvertretende Direktorin, Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien