Nuremberg Forum 2023 „Rechtlich unleugbar: Die Bestrafung der Völkermordleugnung“

 

Die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien veranstaltete das Nuremberg Forum 2023 vom 19. bis 21. Oktober 2023 im historischen Saal 600 des Nürnberger Justizpalastes. Auch eine virtuelle Teilnahme über die Online-Plattform war möglich. Die Konferenz fand in englischer Sprache statt.

Völkermordleugnung ist heute noch weit verbreitet und stellt weiterhin ernsthafte Herausforderungen für Gesellschaften dar. Durch die Leugnung und Legitimierung von Gräueltaten kann es zur weiteren Verbreitung von Hass, gesellschaftlicher Instabilität, Bedrohungen für gefährdete Gruppen oder gar zur Wiederholung dieser Gräueltaten kommen.

Das Nuremberg Forum 2023 setzte sich in Theorie und Praxis mit Völkermordleugnung auseinander. Dabei wurden die Schwerpunkte insbesondere auf dem Holocaust und den Völkermorden in Ruanda und Srebrenica gelegt. Expert:innen diskutierten auch, welche multilateralen und nationalen Anstrengungen unternommen wurden, um Leugnung entgegenzuwirken, einschließlich deren Prävention und Bestrafung. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Rechtsprechung internationaler Strafgerichtshöfe im Zusammenhang mit sprachbezogenen Verbrechen, wie der Aufstachelung zum Völkermord, gelegt.


Das Nuremberg Forum 2023 bot fünf Panels:

Panel I: Leugnung: De facto, de jure und in doctrina

Dieses Panel beschäftigte sich mit Völkermordleugnung in der Theorie. Dabei wurden folgende Fragen behandelt:

  • Ist Leugnung untrennbar von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus
  • Wird Leugnung von einer Ideologie angetrieben? Wenn ja, welcher?
  • Greifen Gesetze gegen Leugnung zu stark in die Meinungsfreiheit ein?
  • Sind Aufstachelung zum Völkermord und Leugnung von Völkermord zwei Seiten derselben Medaille?


Panel II: Die Auswirkungen von Leugnung in Post-Konflikt-Gesellschaften

Dieses Panel zielte darauf ab, die Herausforderungen zu diskutieren, die Leugnung in Post-Konflikt-Gesellschaften mit sich bringt. Dabei wurden folgende Fragen behandelt:

  • Wie sieht die Realität vor Ort in diesen Gesellschaften aus?
  • Warum kommt es hier zur Leugnung?
  • Wie wirkt sich Leugnung auf Opfer aus und wie kann die Kriminalisierung von Leugnung helfen?
  • Kann eine Äußerung im Kontext laufender Konflikte als „Leugnung" gelten?


Panel III: Leugnung, ihre Regulierung und rechtliche Besonderheiten

Dieses Panel erörterte, wie die Leugnung in verschiedenen Gesellschaften reguliert wird. Das Panel befasste sich mit folgenden Fragen:

  • Wie können wir die Bestrafung der Völkermordleugnung mit dem Schutz der Meinungsfreiheit in Einklang bringen?
  • Welches rechtliche Interesse wird durch Leugnungsgesetze geschützt?
  • Sollten Leugnungsgesetze auf der Motivation oder der Wirkung der Äußerungen basieren? Wenn ja, welche Motivationen oder Wirkungen sollten relevant sein?


Panel IV: Wiedergutmachung, Anerkennung und Versöhnung

Dieses Panel untersuchte die verschiedenen Wege zur Wiedergutmachung für Opfer, die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Opfer sowie die Herausforderungen, die die restaurative Justiz weiterhin behindern. Die zentralen Fragen für das Panel waren:

  • Welche Faktoren sollten für die Entschädigungen von Opfern eines Völkermordes berücksichtigt werden?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, um der Vielzahl von Ansprüchen gerecht zu werden?
  • Wie können Maßnahmen gegen Völkermordleugnung die Nichtwiederholung der Gräueltaten garantieren?
  • Wie können Gesellschaften, die mit Völkermordleugnung kämpfen, sicherstellen, dass die Prozesse zur Bereitstellung von Entschädigungen eine erneute Traumatisierung der Überlebenden vermeiden?


Panel V: Unleugbar und nicht unlösbar. Andere Wege hinaus

Dieses Panel diskutierte praktische Lösungsansätze und die erforderlichen Schritte zur Bewältigung der Leugnung. Die folgenden Fragen wurden behandelt:

  • Wie kann Bildung eine treibende Kraft im Kampf gegen Völkermordleugnung sein?
  • Welche Rolle spielen Übergangsjustizen im Kampf gegen Völkermordleugnung?
  • Was können Online-Plattformen tun, um Völkermordleugnung entgegenzuwirken?
  • Welche multilateralen Maßnahmen können ergriffen werden, um Völkermordleugnung zu regulieren?


Sprecher:innen waren unter anderem:

Serge Brammertz, Vizepräsident des Kuratoriums; Chefankläger des Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe

Dr. Navi Pillay, Präsidentin des Kuratoriums; ehemalige UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte; ehemalige Richterin am Internationalen Strafgerichtshof und Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda

Christian Schmidt, Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina

Dr. Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe

Prof. Nadine Strossen, Professorin für Rechtswissenschaften an der New York Law School; ehemalige Präsidentin der American Civil Liberties Union

Munira Subašic, Präsidentin von „Mothers of Srebrenica”

Alice Wairimu Nderitu, UN-Sonderberaterin zur Prävention von Völkermord


Das Nuremberg Forum ist die Hauptjahreskonferenz der Akademie, die alljährlich im Oktober führende Expert:innen, Fachleute aus der Wissenschaft und Praxis sowie aus der Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringt und ein Forum für den Dialog und den kritischen Austausch zu aktuellen Fragen des Völkerstrafrechts bietet. Wir laden insbesondere junge Wissenschaftler:innen, Jurist:innen und Praktiker:innen ein, sich an der Diskussion zu beteiligen.

Das Forum richtet sich insbesondere an Fachleute aus der Praxis und der Wissenschaft sowie Studierende, die sich für Völkerrecht, Übergangsjustiz, Menschenrechte, Politik- und Sozialwissenschaften bzw. Geisteswissenschaften interessieren.

Das Nuremberg Forum findet auf Englisch statt. Es ist öffentlich und kostenfrei. Vorherige Online-Anmeldung ist erforderlich.

Die Akademie hat die Videoaufzeichnungen der Konferenz in ihrem YouTube-Kanal veröffentlicht und wird einen Konferenzbericht erstellen. Das Programm steht weiterhin zum Download zur Verfügung.

Foto: ©Krutenyuk / Dreamstime.com

 

Nuremberg Forum 2023_Programm