Digitale Daten als Beweismittel im Völkerstrafverfahren
Der ständige Fortschritt in der Informationstechnologie und bei den neuen Technologien, der zunehmende Einsatz und die immer größere Komplexität von digitalen Beweismitteln, die zur Dokumentierung von Menschenrechtsverletzungen und schweren internationalen Vergehen herangezogen werden, werden sich sehr wahrscheinlich auf die Funktionsweise von gerichtlichen und quasi-gerichtlichen Mechanismen auswirken. Die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien (Nürnberger Akademie) hat ein interdisziplinäres Projekt entwickelt, das sich mit den Herausforderungen beschäftigt, die mit dem Einsatz digitaler Beweismittel bei internationalen Strafverfahren verbunden sind. Das Projekt erkundet die möglichen Auswirkungen, die eine zunehmende Verwendung digitaler Beweismittel und die immer komplexere Technologie auf die Verfahrens- und Beweismittelordnungen auf internationaler Ebene haben könnten. Gemäß dem Mandat der Nürnberger Akademie bezüglich schwerer internationaler Vergehen konzentriert sich das Projekt auf die Verfahrens- und Beweismittelordnung des Internationalen Strafgerichtshofs, des ersten ständigen internationalen Strafgerichts.
Das Projekt umfasst fünf Cluster, die zum Teil nacheinander und zum Teil gleichzeitig stattfinden. Cluster A sollte alle relevanten Richtlinien zur praktischen Verwendung und Standards bezüglich digitaler Beweismittel zusammenstellen und auf einer Website mit einer Datenbank (Archiv) zur Verfügung stellen. Cluster B konzentrierte sich darauf, fehlende Elemente und Richtlinien zu identifizieren und zu planen, die speziell für Standards bei digitalen Beweismitteln relevant sein könnten. Die Cluster A und B werden im Augenblick aus der Projektperspektive mit der Veröffentlichung der „Digital Evidence Database“ (Datenbank zu digitalen Beweismitteln wird im Jahr 2025 neu aufgelegt) abgeschlossen. Cluster C konzentriert sich zunächst auf die Analyse internationaler und internationalisierter Rechtsprechung, die sich mit digitalen Beweismitteln beschäftigt. Ziel des Clusters ist es, einen Bericht vorzulegen, der eine juristische und vergleichende Bewertung von Praktiken und Standards umfasst. Cluster D beschäftigt sich mit der Analyse der Korrelation von digitalen Beweismitteln und Menschenrechten und soll abschließend einen Bericht über noch ausstehende Erkenntnisse vorlegen. Es ist das Ziel von Cluster E, eine schlüssige Antwort auf die Forschungsfrage des Projekts vorzulegen. Die Arbeit an den Clustern C, D und E dauern noch an.
In den Clustern spiegelt sich der strategische Plan für das Projekt wider, der nach dem (im September 2018 entwickelten) Konzept und dem Kick-off-Treffen (im Februar 2019) feststand. Zur Vorbereitung des Projekts wurden siebzehn internationale Organisationen in Europa und Nordamerika konsultiert, um mögliche Doppelungen zu vermeiden und einen praktischen Ansatz für die Bearbeitung der Forschungsfrage sicherzustellen.