Digitale Daten als Beweismittel im Völkerstrafverfahren

Zwischen 2018 und 2023 hat die Akademie die verschiedenen Herausforderungen untersucht, die sich aus der zunehmenden Verwendung digitaler Beweise und der Verfeinerung der Technologie ergeben, und wie sich diese auf die Verfolgung der wichtigsten internationalen Verbrechen auswirken können. Ziel des ersten Projekts war es, zu bewerten, ob die derzeitigen Regeln des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) geändert werden müssen und wenn ja, wie und warum.
In Anbetracht der Komplexität des Themas wurde das Projekt in mehrere Cluster unterteilt, und die Methodik jedes Clusters bestand aus gezielten Workshops, detaillierten Recherchen und Diskussionen mit Expert:innen aus den einschlägigen Bereichen, darunter Praktiker:innen aus den Bereichen Völkerstrafrecht und internationales Menschenrecht, Expert:innen für digitale Beweise, digitale Forensik und Open-Source-Untersuchungen sowie Expert:innen für die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen im Allgemeinen.
Unsere Forschung und Analyse konzentrierte sich auf die folgenden komplexen Themen:
- Die Identifizierung von Richtlinien und Handbüchern, die für die Untersuchung von internationalen Kernverbrechen potenziell relevant sein könnten und sich auf digitale Beweismittel beziehen;
- Die Identifizierung von Lücken, die sich aus der laufenden Arbeit derjenigen ergeben, die an der Dokumentation und Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen und internationalen Kernverbrechen beteiligt sind;
- alle aktuellen Praktiken und Kriterien in Bezug auf die Zulässigkeit digitaler Beweismittel und das Gewicht digitaler Beweismittel sowie die Herausforderungen an diese Praktiken, die sich aus „neueren Arten“ hochentwickelter Technologie ergeben (z. B. Deepfakes, durch künstliche Intelligenz (KI) erzeugte Informationen und gelöschte Konten);
- Zusammenhänge zwischen Menschenrechtsermittlungen und völkerstrafrechtlichen Ermittlungen und Herausforderungen für digitale Beweise, die sich bei jeder Art von Untersuchung ergeben; und
- wie die identifizierten Herausforderungen im Bereich der digitalen Beweise im Lichte der Struktur, der Regeln und der Führungspraxis des IStGH angegangen werden können (und wie sie nicht angegangen werden können).
Unsere wichtigsten Schlussfolgerungen sind in dem unten beigefügten Abschlussbericht beschrieben und können wie folgt kurz zusammengefasst werden:
Erstens: Es besteht kein unmittelbarer Bedarf, die Regeln der IStGH zu ändern. Stattdessen muss es mehr Diskussionen zwischen den relevanten IStGH-Akteur:innen geben, die, wenn möglich, zu Entscheidungen in den folgenden Bereichen führen sollten:
a) Die Grenzen des Gerichtshofs (auch in Bezug auf seine Ressourcen und
seine Rolle) angesichts des technologischen Fortschritts, der sich auf die
Beweisführung auswirken kann;
b) die Normen, die für die Erhebung, Aufbewahrung und Überprüfung
digitaler Beweismittel gelten sollten; und
c) ob die derzeitigen Zulässigkeitskriterien und -praktiken angesichts der
einzigartigen Herausforderungen, die digitale Beweismittel mit sich bringen,
und der Notwendigkeit, das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren zu
schützen, geändert werden müssen.
Es muss sichergestellt werden, dass die dem Gericht vorgelegten digitalen Informationen, die letztlich zu digitalen Beweismitteln werden, von ausreichender Qualität sind, um eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Zulässigkeit zu ermöglichen und so das Verfahren in späteren Phasen voranzubringen, anstatt es zu behindern oder zu verzögern.
Zweitens ist dieser Bericht nicht abschließend und deckt auch nicht unbedingt alle möglichen Herausforderungen ab, die sich aus der zunehmenden Verwendung digitaler Beweismittel und der Verfeinerung der Technologie ergeben. Stattdessen dient dieser Bericht durch die Kontextualisierung der ermittelten Herausforderungen für die einschlägigen Regeln und Praktiken des IStGH und ihre Aufschlüsselung in kleinere Elemente als Ausgangspunkt für weitere Forschungen und Diskussionen zwischen IStGH-Akteur:innen und anderen Akteur:innen im Bereich der internationalen Strafgerichtsbarkeit.
In Anbetracht der Komplexität des Themas wurden bei der Ausarbeitung der Methodik für dieses Projekt mehrere Einschränkungen berücksichtigt, darunter die sich ständig verändernde Natur der internationalen Strafjustiz, die Verfeinerung der Technologie und der sich abzeichnenden Praktiken und Standards sowie die Forderung nach mehr Standardeinstellungen und Effizienz der verschiedenen Verfahren.
Die Akademie bedankt sich bei den zahlreichen Expert:innen und Berater:innen, die zu diesem Projekt beigetragen haben. Wir freuen uns über alle Rückmeldungen und Überlegungen zu den Ergebnissen und freuen uns auf die Fortsetzung dieses Projekts.
Hinweis: Cluster A plus B enthält eine Liste von Richtlinien und Handbüchern, die aus unserer Datenbank für digitale Beweismittel entnommen wurden. (bk)


