„Nürnberger Prozesse“ für die russische Invasion der Ukraine?

 

Das Jahr 2023 markiert den Jahrestag mehrerer Meilensteine im Bereich des Völkerstrafrechts. Die am 1. November 1943 verabschiedete Moskauer Deklaration ebnete den Weg für die Einrichtung des ersten internationalen Strafgerichtshofs der Geschichte im Jahr 1945, des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg. Dieses Tribunal war der bahnbrechende Präzedenzfall für die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien im Jahr 1993, der die während des Balkankriegs begangenen massenhaften Gräueltaten ahnden sollte. Im Jahr 1998 wurde der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegründet, die erste ständige, unabhängige und kompetente Institution zur Ermittlung und Strafverfolgung von Personen, die schwere völkerstrafrechtliche Verbrechen begangen haben, insbesondere Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression.

Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, dass die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Straflosigkeit oft zahlreiche Rückschläge erleiden, was die Frage aufwirft, welche Instrumente angemessen auf Szenarien reagieren würden, in denen abscheuliche Verbrechen begangen werden. Angesichts der restriktiven Zuständigkeit des IStGH für die Situation in der Ukraine hat der Vorschlag, ein Sondertribunal für das russische Aggressionsverbrechen einzurichten, dessen Form und Standort noch festgelegt werden müssen, einen neuen Konsens geschaffen. Direktor Professor Dr. Christoph Safferling (Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien), Dr. Gurgen Petrossian (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und Frau Eleni Chaitidou (Kosovo Specialist Chambers) boten eine spannende Diskussion über die Einrichtung eines Tribunals in Krisenkontexten und die Rolle, die es im Kampf gegen Straflosigkeit spielen kann, an. 

Diese Veranstaltung in deutscher Sprache fand im Rahmen der Stadt(ver)führungen 2023 am 16. September 2023 um 15.00 Uhr im Schwurgerichtssaal 600 des Nürnberger Justizpalastes statt.

Jedes Jahr organisiert die Stadt Nürnberg ein Wochenende voller Führungen, die „Stadt(ver)führungen“. Das Programm bietet die Möglichkeit, Nürnberg und Fürth aus unterschiedlichsten Perspektiven kennenzulernen. Bekannte Persönlichkeiten, Künstler:innen, Institutionen, gemeinnützige Organisationen, Stadtführer:innen oder Menschen mit besonderen Interessen geben mit 1000 Führungen Einblicke in unbekannte oder sonst nicht zugängliche Orte, ermöglichen Kontakte zu bekannten Gesichtern der Stadtgesellschaft oder untersuchen historische, aktuelle, spannende und unterhaltsame Themen des aktuellen Jahresmottos.